Auf alten Schiffen lernt man das Segeln?!
Die Segelfahrt (Sexualakt) ist spannend und bei jedem nimmt das Segeln einen anderen Stellenwert im Leben ein. Entscheidet man sich für den Segelturn so durchläuft man verschiedene Phasen. Beginnend mit Vorbereitungen und Vorfreude (Verlangen) über hohen Wellengang in welchem Anspannung und Erregung (Errektion) überwiegen. Besonders schön am Segeln ist natürlich auch wenn nach hohem Wellengang und Unwetter dann die Sonne durchricht (Orgasmus) und die See ruhig wird (Erschöpfung).
Doch welche Schiffe besteigen wir besonders gerne? Sowohl für Frauen als auch Männer spielt physische Attraktivität (das Äußere) die größte Rolle.
Scheinbar gibt es verschiedene Segelkurse für Männer und Frauen. Verschiedene gesellschaftliche Vorstellungen prägen geschlechtsabhängig die Entwicklung von Sexualität. Unterschiede zeigen sich zum Beispiel beim Thema Masturbation.
Manche Schiffe sind nach sehr schweren Stürmen oder aus anderen Gründen teilweise nicht fahrtauglich. Diesen sexuellen Funktionsstörungen kann sogar ein genetischer Mechanismus zugrunde liegen.
Der Sexualakt
Während des Sexualakts werden verschiedene spezifische Erregungsphasen durchlaufen. Nachfolgend soll beispielhaft erklärt werden, was diesen zugrunde liegt.
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- Phase des Verlangens (beispielhaft für die Frau)
- Phase der Errektion (beispielhaft für den Mann)
- der Orgasmus
Das Verlangen der Frau (die weibliche Appetenz)
Serotonin (Neurotransmitter) spielt die Hauptrolle in der Modulation von weiblichem sexuellem Appetenzverhalten. Neurotransmitter sind Signalstoffe im Gehirns, welche nach Ausschüttung an Rezeptoren binden. Dadurch erfolgt eine Reaktion.
Wenn mehr Neurotransmitter an Rezeptoren bindet, so verstärkt sich die Reaktion, anders wird sie abgeschwächt. Man kann sich das also als Regelsystem vorstellen. Wenn man nun Reaktionen des Organismus ändern möchte, so kann man Medikamente oder Substanzen entwickeln, die an Neurotransmitterausschüttung oder Rezeptorbindung manipulieren.
Uphouse (2014) untersucht hierzu unterschiedliche Pharmaka, welche Serotoninrezeptorbindung modulieren und somit auch das sexuelle Appetenzverhalten. Wenn durch Pharmaka die Appetenz beeinflusst werden kann, liegt es nicht allzu fern, dass es im Tierversuch auch Untersuchungen zu Drogeneinflüssen auf sexuelles Verhalten gibt. Guarraci und Bolton (2014) untersuchen sexuell motiviertes Verhalten in Zusammenhang mit Drogenkonsum an Ratten unter dem Einfluss von Amphetamin, Methamphetamin, Koffein und Kokain. Substanzen können sexuelle Lust steigern.
Frauen durchleben innerhalb eines Monats natürlicherweise verschiedene Hormonkonzentrationen von Östrogen und Progesteron. Diese Hormonveränderungen sind Teil des Zyklus und beeinflussen auch das weibliche sexuelle Verlangen (vgl. Grebe, Gangestad, Garver-Apgar & Thornhill, 2013). Der Zyklus beginnt definitionsgemäß mit dem ersten Tag der Menstruation. Der Eisprung erfolgt am 14. Tag.
Die weibliche Hormonlage hat Einfluss auf Bewertung von sexuellen Hinweisreizen. Wie Frauen visuelle sexuelle Stimuli bewerten hängt von ihrer Hormonlage ab, aber nur dann wenn der sonst natürliche hormonelle Zyklus durch orale Kontrazeptiva (Verhütungsmittel) durchbrochen wird (Renfro, Rupp & Wallen, 2015). Besonders dramatisch wird es in der dritten Zykluswoche unter Einnahme von Kontrazeptiva (Pille), denn dann werden die Stimuli statistisch signifikant negativer bewertet. Wenn Frauen die Pille nehmen haben sie also natürlicherweise in der dritten Zykluswoche weniger Lust auf Sex.
Wenn Frauen das Klimakterium erreichen, kommt es zur Hormonumstellung. Dies geht wie allgemein bekannt mit vegetativen Änderungen (Unruhe, Schweiß, Lubrikation) und Problemen des Knochenstoffwechsels einher. Aber auch psychologische Änderungen sind beobachtbar. Postmenopausale Frauen weisen mehr sexuelle Funktionsbeeinträchtigung sowie auch depressive Symptomatik auf (Amore et al., 2007).
Die Erektion (am Beispiel Mann)
Erektion – durch parasympathische Aktivität kommt es zur Blutstauung und somit zur Volumenzunahme und Erhärtung. Der Parasympathikus ist Teil des autonomen Nervensystems und leitet seine Signale auch mit Transmittern weiter. Für die Steuerung des autonomen Nervensystems ist keine willentliche Kontrolle notwendig und teilweise auch nicht möglich. Ergänzend zum Parasympathikus arbeitet der Sympathikus.
Beim männlichen Orgasmus (Ejakulation) dominieren sympathische Nervenimpulse, welche aus dem unteren Rückenmark stammen und durch Kontraktion des Samenleiters zu einer schnellen Austreibung der Spermien führen.
Penisquerschnitt mit Blutgefäßen (Schema)
Der Orgasmus
Weil es sich wohl um das größere Mysterium handelt, und viele Frauen nicht regelmäßig einen Orgasmus beim Verkehr erleben, gibt es viel Forschung zum Thema des weiblichen Orgasmus. Wallen und Lloyd (2011) stellen dar, wie die Wahrscheinlichkeit während des Verkehrs einen Orgasmus zu erleben für eine Frau durch die anatomisch bedingte Distanz der Vagina zur Urethralöffnung (Harnröhrenöffnung) beeinflusst wird. Frauen, welche eine anatomisch größere Entfernung aufweisen haben häufiger das Erlebnis eines Orgasmus bei sexuellem Verkehr. Diese Distanz von Vaginal- zu Harnröhrenöffnung wird laut den Autoren durch pränatale Androgenlevel bestimmt, also schon während der Schwangerschaft festgelegt.
Eine Zusammenfassung der Thematik Orgasmus und biologischen, physiologischen und psychologischen Gesichtspunkten findet man bei Mah und Binik (2001). Sie liefern darüber hinaus auch Antworten auf die Fragen, wie sich Sexualität mit dem Alter verändert, warum ein Beckenmuskel (Musculus pubococcygeus) für den weiblichen Orgasmus eine Rolle spielen könnte, was für Typen von Orgasmen unterschieden werden können und beschreiben ein Drei-Komponentenmodell (Sensorik, Bewertung und Affektivität), um die menschliche Erfahrung des Orgasmus besser verständlich zu machen.
Was ist Attraktivität?
Die evolutionäre Prägung kommt auch heute noch bekannt vor. Vieles zum Thema Attraktivität ist allgemein bekannt, deshalb hier nur ein paar Anschnitte.
Er sucht: Jung mit Rundungen
Sie sucht: Starker Versorger
In der Speeddatingstudie von Luo und Zhang (2009) zeigte sich, dass der beste Prädiktor für wahrgenommene Attraktivität die körperliche Attraktivität darstellt - und zwar bei beiden Geschlechtern.
Die Wahrnehmung von physischer Attraktivität von potenziellen Partnern änderte sich bei den Probanden von Greitemeyer (2010) allein durch die zufällig gemachte Aussage, ob der potenzielle Partner an einer langfristigen Beziehung Interesse hat. Personen, denen eine langfristige Beziehung in Aussicht gestellt wurde, nahmen ihre Gegenüber als physisch attraktiver wahr. Das zeigt wie unsere Wahrnehmung sich allein aufgrund von noch nicht verifizierten Annahmen ändern kann.
Eine sozialpsychologische Theorie (Selbsterfüllende Prophezeiung) versucht den zugrunde liegenden Prozess verständlich zu machen. Allein Annahmen führen zu veränderter Wahrnehmung.
Frauen können die Farbe Rot nutzen, um die Aufmerksamkeit männlicher Mitbürger zu locken. Männer werden dadurch unmerklich stärker angezogen (vgl. Pazda, Elliot & Greitemeyer, 2012). Eine Einschränkung dieser Erkenntnis nehmen Schwarz und Singer (2013) vor: bei postmenopausalen Frauen spielt Rot keine Rolle. Nur junge Frauen erschienen Männern attraktiver, wenn sie vor einem roten Hintergrund abgebildet wurden.
Masturbation
Sozialisationsprozesse – Wertvorstellungen der Gesellschaft nehmen Einfluss auf Sexualpraktik
Wie junge Erwachsene Masturbationspraktiken kennen lernen und soziale Tabus, sowie den Konflikt damit erleben, versuchen Kaestle und Allen (2011) herauszufinden. Masturbation bei Frauen ist gesellschaftlich stärker verpönt und führt dazu, dass Frauen diese Praxis erst später für sich als positiv für die Sexualentwicklung entdecken.
Ein heute häufig genutztes Medium zur Masturbation stellt das Internet dar. Einen großen Varianzanteil in der Frage wer Cyberpornos verstärkt nutzt, klären Stack, Wasserman & Kern (2004) auf. Neben nicht vorhandener glücklicher Ehe sprechen auch geringe Religiösität und in der Vergangenheit aufgetretene abweichende Sexualvorstellungen für eine verstärkte Nutzung. Männer gaben in dieser Untersuchung sechsmal häufiger als Frauen die Nutzung von Internetpornografie an.
Brody und Nicholson (2013) untersuchten, bei welchen Frauen der Wunsch nach Masturbation und die Tätigkeit der Masturbation häufiger auftraten. Häufigere Masturbation zeigt sich bei Frauen mit unreiferen Abwehrmechanismen, bei jüngeren Frauen und bei Frauen, welche weniger Verpflichtung gegenüber sozial erwünschtem Verhalten angeben. Achtung! Dies ist selbstverständlich nur einer unter vielen Befunden und sollte nicht generalisiert werden.
Schuldempfindung bei Masturbation mindert sexuelles Erleben
Ein Original zum Thema Masturbation liefern Green und Mosher (1985). Im Experiment wurden Versuchspersonen einer von vier erotischen Versuchsbedingungen (1. spezifische Erinnerungen an vergangenen Verkehr, 2. Masturbation, 3. freie Fantasie oder 4. vorgelegte Fantasien) zugeordnet. Im Anschluss wurden sexuelle Scham/Schuld und subjektive Erregung erfasst. Das Fazit der Autoren zeigt negativen direkten und indirekten Einfluss von Schuldempfindung auf das sexuelle Erleben.
Sexuelle Funktionsstörungen
Als pathologisch können Abweichung von der Normalverteilung eines Merkmals gesehen werden, als behandlungsbedürftig all das, was Leiden verursacht. Für die Diagnosestellung dient ein Kriterienkatalog.
Verfrühter Ejakulation (ejaculatio praecox)
Im Tiermodell wird von Waldinger (2014) gezeigt, dass eine persistierende ejaculatio preacox auch neurobiologisch begründet sein kann. Sowohl ein in der Eichel lokalisierter Ionenkanal als auch erhöhte Oxitocinlevel (Hormon) spielen eine Rolle bei der vereinfachten Auslösung der Ejakulation.
Laut Mohammadi, Mohammadkhani, Dolatshahi und Dadkhah (2013) zeigen Betroffene geringeres sexuelles Selbstbewusstsein sowie gesteigerte sexuelle Furcht. Mittels kognitiver Verhaltenstherapie konnten verschiedene Faktoren wie die Dauer bis zur Ejakulation und auch Angst in positivem Sinne beeinflusst werden.
Waldinger (2008) fasst verschiedene pathophysiologische Entstehungstheorien zusammen und betont, dass auch bei der Wahl des Behandlungsansatzes zwischen psychologisch und neurobiologisch bedingten Funktionsstörungen unterschieden werden muss.
Forschungsüberblick
Auch weibliche sexuelle Funktionsstörungen werden im Tiermodell betrachtet (für aktuelle Ansätze vgl. Ågmo, 2014).
Absolut empfehlenswert für einen ausführlichen Einblick in die Formung von sexuell motiviertem Verhalten liefern Brom, Both, Laan, Everaerd und Spinhoven (2014). Sie stellen hierzu lerntheoretische Konzepte (klassische Konditionierung, operante Konditionierung, Belohnungs- und Assoziationslernen) vor und erklären auch auf neurobiologischer Ebene, wie der unspezifische Dopamineinfluss im mesolimbischen System („Belohnungssystem des Gehirns“) zu motiviertem Verhalten führt. Auch ein Überblick über Artikel, die bildgebende Untersuchung des Gehirns während Erregung untersuchen, findet sich.